Mobilität ist nicht nur ein wichtiger Faktor für eine starke Wirtschaft, sondern eine Grundlage für unser gesamtes modernes Leben. Das Auto spielt dabei eine wichtige Rolle, ist aber nicht der einzige Akteur. Eine vernünftige und erfolgreiche Mobilitätslösung oder Mobility Solution für die Bedürfnisse der Zukunft muss sämtliche zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel auf der Straße und Schiene, zu Wasser und in der Luft integrieren und nutzen.
Dabei kommt ein Konzept zum Tragen, das innerhalb der Computerbranche bereits zum Alltag gehört. Software as a Service (SaaS) – also Software als Dienstleistung – wird von zahlreichen Unternehmen auf der einen Seite angeboten und auf der anderen Seite von noch mehr Unternehmen genutzt. Anwendungen werden nicht mehr eingekauft, sondern zusammen mit weiteren Dienstleistungen gemietet. Zwei wesentliche Vorteile dieses Konzepts liegen darin, dass die Nutzer jederzeit auf dem aktuellsten Stand der Software-Entwicklung sind und die Kosten statt einer einmaligen, hohen Investition durch ein monatliches Zahlungsmodell bestreiten können.
Übertragen auf Mobilität spricht die Fachwelt von Mobility as a Service (MaaS) – Mobilität als Dienstleistung. Auch dieses Konzept steht seit einigen Jahren im Raum. Zwar ist hier noch kein wirklicher Durchbruch erzielt worden, aber es zeichnet sich ab, dass MaaS sich in Zukunft auf breiter Front durchsetzen wird.
Was bedeutet Mobility as a Service im Detail?
MaaS besagt im Grundsatz, dass Mobilität nicht mehr an den Besitz eines Fahrzeugs gebunden sein wird, sondern sich auf verschiedene Dienste der Fortbewegung verteilen wird. Dazu zählen beispielsweise Carsharing-Dienste, der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), Ride-Hailing und Bikesharing, Shuttle-Dienste, Taxis, Luft- und Schiffsverkehr.
Geprägt und von dort aus verbreitet wurde der Begriff Mobility as a Service an der Wirtschaftshochschule Aalto im finnischen Helsinki. Im weiteren Sinne bezieht er sich auf das Angebot und die Nutzung verschiedener Fortbewegungsmittel. Damit allein wird das Prinzip jedoch nicht hinreichend erklärt, denn in einem enger gefassten Sinn steht MaaS für Software-Lösungen auf der Basis bestimmter Plattformen, auf denen die Dienstleistungen mehrerer Mobilitätsanbieter gebündelt und von den Nutzern in Anspruch genommen werden können.
Eine solche Software-Lösung verfolgt mehrere Ziele. Sie unterstützt eine multimodale Planung individueller Routen der Nutzer, die direkte Buchung der benötigten Fortbewegungsmittel sowie die bargeldlose Bezahlung mittels einer App auf einem Smartphone, Tablet, Notebook oder Desktop-PC. Auf den Besitz eines eigenen Fahrzeugs können die Nutzer dieser Mobility Solution also durchaus verzichten, obwohl dieser dadurch nicht ausgeschlossen wird.
Bezogen auf den heutigen Individualverkehr mit dem Auto würden sich der Bedarf an Parkraum in der Öffentlichkeit und die Gesamtheit des Verkehrsaufkommens deutlich verringern. Vor allem in den Großstädten und städtischen Ballungsräumen würde dies einerseits allen Verkehrsteilnehmern zu Gute kommen und andererseits Platz für andere und sinnvollere Projekte schaffen. So könnten zum Beispiel viele Parkplätze verschwinden und die frei gewordenen Flächen für die Errichtung von Wohnraum genutzt werden, der heute in allen Ballungszentren knapp und teuer ist.
Experten erwarten ein riesiges Wachstumspotenzial
Die Urbanisierung ist eine Entwicklung, die rund um den Globus mächtig voranschreitet. Die gängigen Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 etwa 70 Prozent der gesamten Weltbevölkerung in Städten leben werden. Mit den heutigen Mobilitätskonzepten ist dieses Aufkommen nicht zu bewältigen, denn das tägliche Chaos mit endlosen Staus und Autofahrern, die verzweifelt einen Parkplatz suchen, würde sich vervielfachen. Das Ergebnis wäre eine Verschwendung von Lebensraum und Lebenszeit, die überflüssig ist – und dabei sind Faktoren wie Umwelt- und Klimaschutz oder Ressourcenschonung noch gar nicht eingerechnet.
Es ist also keine große Überraschung, wenn nicht wenige Wirtschafts- und Verkehrsexperten dem Konzept von Mobility as a Service ein riesiges Wachstumspotenzial voraussagen. Als Beispiel mag eine Studie zur Mobilität der Zukunft dienen, die im Jahr 2018 von Juniper Research, einem englischen Institut für Marktforschung und Geschäftsentwicklung, durchgeführt wurde. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Lösung Mobility as a Service im Jahr 2023 den beteiligten Unternehmen weltweit einen Gewinn von rund elf Milliarden Dollar einbringen wird, was einem jährlichen Wachstum von mehr als 150 Prozent entspricht. In diesem Zusammenhang muss man sich vor Augen halten, dass 2023 keine ferne Zukunft, sondern praktisch bereits Gegenwart ist und MaaS noch in den Kinderschuhen steckt. Das Wachstum wird also in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter zunehmen.
Ein Blick auf den deutschen Markt zeigt: Startups für Mobility Solutions profitieren besonders. Allein 2019 gab es Investitionen in neu gegründete Firmen im Mobilitätssektor in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro. Damit ist dieser Wirtschaftszweig der Spitzenreiter bei Start-up-Investments.
Inwieweit spielt die Vernetzung der einzelnen Verkehrskomponenten eine Rolle?
Der ÖPNV, Carsharing, City Bikes und Taxi-Dienste sind fester Bestandteil im Konzept von Mobility as a Service. Der öffentliche Personennahverkehr muss weiter gefördert werden. Dass es funktioniert, hat das 9-Euro-Ticket im Sommer 2022 gezeigt, wenngleich das noch keine optimale Lösung war. Die Transportmöglichkeiten müssen allgemein und insgesamt umweltfreundlicher und nachhaltiger gestaltet werden und davon wegkommen, hauptsächlich auf den persönlichen Besitz eines Fahrzeugs zu setzen. Entsprechende Maßnahmen sind nicht zuletzt eine Grundvoraussetzung dafür, die von Regierungen in vielen Ländern gesteckten Klimaziele zu erreichen.
Eine Mobility Solution im Sinne von MaaS kommt aber nicht nur der Umwelt und dem Klima zu Gute, sondern auch jedem einzelnen Individuum. Weniger Staus in den Städten, weniger Lärmbelastung und Abgasgestank, eine sauberere Luft bedeuten auch deutlich mehr Lebensqualität für jeden Einzelnen im städtischen Umfeld. In das Konzept können auch Pendler eingebunden werden. Sie lassen ihr Fahrzeug am Stadtrand stehen und steigen dort auf die zahlreichen alternativen Mobilitätsangebote zurück, wie es sie zum Beispiel mit Park & Ride bereits gibt.
Für die Nutzer werden Städte und Ballungsräume durch die Maßnahmen zu Smart Cities, die den Bürgern intelligente Fortbewegungsmittel zur Verfügung stellen und gleichzeitig eine ebenso intelligente oder smarte Infrastruktur schaffen. Diese Art von Mobility Solution wird das Denken und die Handlungsweisen von Verbrauchern langfristig ändern, indem sie eine nutzerzentrierte Perspektive bietet und überkommene Konzepte außen vor lässt.
Die aktuelle Situation und die Perspektive von MaaS
Nutzer, die bereits heute mit verschiedenen Verkehrsmitteln statt nur mit dem eigenen Auto unterwegs sind, müssen noch jeden einzelnen Transport planen, buchen und bezahlen – sei es der ÖPNV, ein Carsharing-Fahrzeug, ein Taxi, E-Scooter oder City Bike. Das ist zum Teil mit großem Aufwand verbunden, der durch MaaS überflüssig wird, denn Mobility as a Service wird einen Paradigmenwechsel hervorrufen.
Mit einer App, die sämtliche vorhandenen Verkehrsmittel in einer Stadt sowie deren Bezahlung integriert, muss der Nutzer sich kaum noch Gedanken machen. Der Kauf von Fahrscheinen, das Aufladen von Karten und die Bezahlung von individuellen Tarifen entfällt. Das spart Zeit und letztendlich auch Geld.
Mobility as a Service birgt aber auch eine soziale Komponente. Statt wie bisher alleine im eigenen Auto den Weg von A nach B, vom Wohnort zum Arbeitsplatz oder dem nächsten Supermarkt zurückzulegen, bringt MaaS Menschen näher zusammen, indem die Dienstleistung ihnen Zugang zu einem System verschafft, das auf Gemeinschaftlichkeit und sinnvollem Teilen basiert.
Fazit
Verkehrsexperten sind sich weitgehend einig, dass MaaS ein Konzept mit hoher Effizienz darstellt, und zwar nicht nur in der Theorie. Metropolen wie Singapur, Helsinki oder London sind bereits auf den Zug aufgesprungen und machen damit sehr gute Erfahrungen. Deutschland steht erst am Anfang, da die bisher vorhandenen Lösungen die Ansprüche und Erwartungen der Verbraucher noch nicht erfüllen. Es gibt aber gute Ansätze, die von zahlreichen Start-ups und etablierten Konzernen des Mobilitätssektors vorangetrieben werden.
Knapper werdende Ressourcen, Umweltverschmutzung, Klimawandel und der immense Platzbedarf des Individualverkehrs mit dem Auto erfordern innovative Lösungen für die Zukunft, um den Stand heutiger Mobilität zu erhalten. MaaS ist ein guter Weg dafür.
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